Proglog
Südöstlich von Marburg erhebt sich in rund 370 Höhenmetern der zu den
Lahnbergen gehörende Lichter Küppel. Insbesondere im vergangenen Jahrhundert
ein beliebtes Wanderziel der Einwohner von Marburg und der umliegenden
sogenannten Hausdörfer. Dichter Mischwald und eine Anzahl bewachsener Hügel auf
dem Plateau trugen zu einer besonderen Atmosphäre bei. Ein Schutzhütte sorgte
vor den Unbilden des Wetters und eine Blickschneise sorgte für ungehinderte
Aussicht auf die Altstadt von Marburg und weiter hinaus bis zum Rothaargebirge.
Am 27. 07. 1946 zog es den Marburger Gast- und Landwirt Friedrich Carl
„Fritz“ Schmenner mit seinem Freundeskreis hinauf auf diese Höhe. Fritz
Schmenner, der Wirt vom Hansenhaus rechts, feierte seinen 50. Geburtstag.
Entsprechend der Nachkriegszeit konnte die Feier nur in bescheidenem Rahmen
durchgeführt werden. Dennoch erfreuten sich die Teilnehmer in unbeschwerter
Weise in Gottes freier Natur einen Nachmittag zu verbringen. Dies umso mehr, da
der Freundeskreis aus Naturliebhabern bestand, die der Heimat, dem Wald und dem
Waidwerk zugetan waren. Dem allgemeinen Wunsch, eine solche Zusammenkunft
regelmäßig durchzuführen, konnte jedoch nicht entsprochen werden, da zu dieser
Zeit durch Bewirtschaftung der Nahrungsmittel und Bedürfnisse des täglichen
Lebens die Bevölkerung starken Einschränkungen unterworfen war. Die angedachten
Treffen gerieten in Vergessenheit.
Erst als nach der Währungsreform in Juni 1948 und der Gründung der
Bundesrepublik Deutschland im Mai 1949 das Leben in unserem Land wieder auf
feste Füße gestellt werden konnte, wurde der alte Gedanke wieder aufgegriffen
und Fritz Schmenner sorgte als Initiator dafür, dass ab 1950 gelegentliche
Treffen der Wald- und Naturliebhaber stattfanden. Am 28. 12. 1951 erfolgte dann
die Gründung des „Lichte-Küppel-Clubs“. Eine Satzung legte fest, dass monatlich
eine „Sitzung“ des Clubs auf dem Lichter Küppel stattzufinden hatte. Präsident
des Clubs wurde bis zu seiner Auflösung Ende der 1960er Jahre Fritz Schmenner.
Das Amt des Vizepräsidenten wechselte jährlich zwischen dem Oberförster
Gottfried Ritter und dem Verwaltungsleiter des Sanatorium Sonnenblick Albert
Stock. Die Präsidentenwahl wurde jährlich in der ersten Vollmondnacht des
Frühlings durchgeführt. Wie schon erwähnt rekrutierten sich die ca. 15
Mitglieder aus Freunden von Wald und Flur. Gelegentlich wurden Gäste zu den
monatlichen Sitzungen eingeladen. Der Turnus von monatlich einer Sitzung wurde
strikt eingehalten. In den Wintermonaten tagte man bei Glühwein oder Bockbier
in der vorhandenen Schutzhütte bei einem Lagerfeuer und in der warmen
Jahreszeit bei Bowle oder Wein auf dem Hügel hinter der Hütte. Dieser war durch
einen Steintisch und Holzbänke aufgewertet worden und wurde „Schmenners Ruh“ getauft,
nachdem der Heimatdichter Block aus Moischt ein Gedicht auf den Lebenslauf von
Fritz Schmenner verfasst hatte und dieses auf einer Holztafel feierlich
enthüllt und an einer alten Kiefer angebracht wurde. Besondere Ereignisse im
Laufe des Jahres waren die Präsaidentenwahl, ein komplettes Schlachte-Essen und
im Februar wurde der grüne Jagdhut mit einer Narrenkappe vertauscht. Oft
zeigten sich Mitglieder spendabel und finanzierten ein- bis zweimal im Jahr
eine Musikkapelle, die mit Jäger- und Volksliedern für Stimmung sorgte. Für die
Verteilung der Getränke und Imbiss sorgte ein sogenannter „dienender Bruder“.
Der Verfasser dieses Prologs hat in den 1950er Jahren als Schüler dieses Amt
ausgeübt und dadurch die monatlichen Sitzungen und ihre Besonderheiten hautnah
miterlebt.
Die Höhepunkte des Clublebens lagen ohne Zweifel in den 1950er Jahren.
Ab den 1960er Jahren konnten die monatlichen Sitzungen nicht mehr eingehalten
werden und die Zusammenkünfte auf dem Lichter Küppel wurden seltener. Die
Clubmitglieder wurden beruflich mehr in Anspruch genommen und es kündigte sich
eine andere Zeit und Lebensauffassung an. Hinzu kam weiter, dass die Mitglieder
auch von Jahr zu Jahr älter wurden und gesundheitliche Probleme zu schaffen
machten. Letztlich schliefen die Zusammenkünfte auf dem Lichter Küppel Ende der
1960er Jahre gänzlich ein. Ein kleiner Kreis des Lichte-Küppel-Clubs führte die
Tradition noch einige Jahre als Stammtisch im Hansenhaus rechts, dem Lokal des
Clubgründers Fritz Schmenner, fort.
Hubertus Schmenner